In § 1325 ABGB ist geregelt, dass im Fall einer Körperverletzung der Schädiger auch ein angemessenes Schmerzengeld zu bezahlen hat. Im Volksmund und laienhaft wird dieser Anspruch auch als Schmerzensgeld bezeichnet.
• Schmerzensgeld od. Schmerzengeld
Das Schmerzengeld soll eine „Genugtuung für alles Ungemach“ sein, das der Verletzte in seiner Gefühlssphäre erlitten hat, den Gesamtkomplex der Schmerzen abgelten, die dadurch entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ausgleich für die Leiden und die ihm entzogene Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen. Es ist nicht nötig, dass der Verletzte die Schmerzen mit klarem Bewusstsein erlebt und rational verarbeitet. Z.B. wird Schmerzensgeld / Schmerzengeld selbst dann zugesprochen, wenn der Verletzte gar keine Schmerzen mehr empfinden kann, dies beispielsweise bei Komapatienten oder gelähmten Geschädigten. In der Praxis wird das Schmerzensgeld / Schmerzengeld durch „Tagessätze“ abgegolten, welche in leichte, mittlere und schwere Schmerzen unterscheiden und zum Teil in den verschiedenen österreichischen Oberlandesgerichtssprengeln auch in verschiedener Höhe zugesprochen werden. Die Schmerzen müssen auf 24 Stunden gerafft werden und besteht derzeit im Oberlandesgerichtssprengel Wien ein Tagessatz für leichte Schmerzen von € 110,00, für mittelstarke Schmerzen von € 220,00 und für starke Schmerzen € 330,00.
Der Anspruch auf Schmerzensgeld / Schmerzengeld ist nach neuerer Rechtsprechung auch vererblich und muss nicht vorher anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht worden sein. Bezüglich der Höhe des Anspruches auf Schmerzensgeld / Schmerzengeld ist auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18.04.2002 zu verweisen.
In dieser Entscheidung wurde bei einem Geisterfahrerunfall einem erst 21jährigen jungen Mann, welcher neben einem Schädelhirntrauma des Grades II und zahlreichen Knochenbrüchen samt schweren inneren Verletzungen, eine hohe Querschnittsymptomatik mit Lähmung des Rumpfes und aller vier Extremitäten, weiter eine Augenmuskellähmung und Lähmung des Atemnervs mit der Notwendigkeit bis an sein Lebensende künstlich beatmet zu werden – verbunden auch mit daraus resultierender und bewusster erlebter ständiger Todesangst – vorlagen das bisher höchste Schmerzensgeld / Schmerzengeld in der Höhe von € 218.018,00 zugesprochen wurde. Dieses Urteil ist der derzeitige Gradmesser, abgestuft nach den jeweiligen Verletzungen und Beeinträchtigungen, bei der Beurteilung des Anspruches auf Schmerzensgeld / Schmerzengeld.
Weiters hat der OGH einem elf Monate alten Kind infolge eines Schütteltraumas für Epilepsie, gestörte Wahrnehmung, Bewegungsstörung, gestörte geistige Entwicklung, Nahrungsaufnahme nur über eine Sonde möglich, und aufgrund der Tatsache, dass dieses Kind niemals gehen lernen und auf Dauer berufsunfähig und pflegebedürftig bleiben wird, ein Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 180.000,00 zugesprochen.
Einem 20-jährigen Mann hat der Oberste Gerichtshof wegen einem schweren organischen Psychosyndrom das einem Wachkoma nahe kommt, Lähmung aller Extremitäten, keine Möglichkeit der Kommunikation mit der Umwelt, entfallenen Einsichtsfähigkeit, Wahrnehmungen – wenn überhaupt nur – auf niedrigem Niveau möglich, bei intakten Schmerzempfinden und keinerlei Aussicht auf Besserung sowie nach mehreren schweren Operationen ebenfalls ein Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 180.000,00 zugesprochen.
Einer 41-jährigen Frau wurde für Verletzungen nach einem schweren Verkehrsunfall, Spastik aller vier Gliedmaßen mit Verkürzung der Muskulatur, Erforderlichkeit des Rollstuhls, kurzes Gehen nur mit Unterstützung möglich bei voller Pflegebedürftigkeit, Stuhl- und Harninkontinenz ein Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 160.000,00 zugesprochen.
Laut ständiger Rechtssprechung verlieren bei schweren Verletzungen mit gravierenden Dauerfolgen die Schmerzengeldsätze an Aussagekraft, hier kommt nur ein Vergleich mit anderen Schmerzengeldzusprüchen, wie oben angeführt, in Betracht.
Es ist somit bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Titel Schmerzensgeld/Schmerzengeld die Kenntnis der aktuellen Schmerzengeldjudikatur unumgänglich.
• Trauerschmerzengeld od. Angehörigenschmerzengeld
Im Jahre 2001 hat der Oberste Gerichtshof mit zwei bahnbrechenden Entscheidungen eine Rechtssprechungswende der bisherigen Schmerzengeldjudikatur herbeigeführt. Zunächst hatte das Höchstgericht den Fall eines Vaters zu entscheiden, der aufgrund der Nachricht vom Tod seines Sohnes eine reaktive Depression erlitt. Zu Recht entschied der Oberste Gerichtshof, dass ein Anspruch auf Schmerzensgeld/Schmerzengeld nicht nur dann besteht, wenn der Schock auf den unmittelbaren Miterleben der Tötung eines nahen Angehörigen beruht, sondern auch dann, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Unfallnachricht ausgelöst wird. Gem. § 1325 ABGB gebührt ein Ersatz derartiger Schockschäden schon bei leichter Fahrlässigkeit, ebenso im Bereich der Gefährdungshaftung. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld/Schmerzengeld kommt freilich nur dann in Betracht, wenn die psychische Beeinträchtigung Krankheitswert erreicht und damit eine Gesundheitsstörung vorliegt.
Verdichtet sich die Trauer über den Tod eines Angehörigen hingegen nicht zu einer Gesundheitsschädigung, so scheidet ein Anspruch auf Schmerzensgeld/Schmerzengeld aus. Da dies zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen kann und auch im Hinblick auf die Schwere der ideellen Beeinträchtigung nicht befriedigend ist, hat der Oberste Gerichtshof in einem weiteren Schritt ausgesprochen, dass auch der Trauerschmerz, der nicht zu einer Krankheit führt, zu ersetzen ist, wenn dem Täter ein grobes Verschulden anzulasten ist.
Anspruchsberechtigt für Trauer- Schmerzensgeld/Schmerzengeld sind nahe Angehörige, wobei als Haftungsvoraussetzung eine besonders enge Beziehung, wie sie insbesondere zwischen Eltern und Kindern sowie Ehegatten typischerweise besteht, vorliegen muss. Für das Vorliegen einer solchen Sonderbeziehung ist die familienrechtliche „Angehörigenschaft“ dabei zwar ein sehr starkes Indiz, aber keine unabdingbare Haftungsvoraussetzung. Es kommt somit nicht so sehr auf die formale rechtliche Beziehung, sondern auf die tatsächlich vorliegende Intensität der persönlichen Verbundenheit an. Dementsprechend hat das Höchstgericht auch einen Ersatz auf Trauer – Schmerzensgeld/Schmerzengeld nicht auf Eltern und Kindern sowie Ehegatten beschränkt, sondern auch Lebensgefährten zu den nahem Angehörigen gezählt und ihnen einen Anspruch auf Ersatz auf Trauer – Schmerzensgeld/Schmerzengeld gewährt.
Nachstehende Entscheidungen wurden bisher aus dem Titel Trauer – Schmerzensgeld/Schmerzengeld judiziert:
- Trauer – Schmerzensgeld/Schmerzengeld von € 35.000,00 für den Sohn nach Unfalltod seiner Mutter, auf die er nach dem schon frühen Unfalltod des Vaters seit Geburt an als minderbegabter Sonderschüler besonders fixiert gewesen war.
- Trauer – Schmerzensgeld/Schmerzengeld von je € 20.000,00 an die Eltern eines 6-jährigen Kindes.
- Trauer – Schmerzensgeld/Schmerzengeld von je € 15.000,00 an eine 1 Jahr ältere Schwester und 1 Jahr jüngerer Bruder ihrer 19-jährigen, 10 Tage nach einem schweren Verkehrsunfall verstorbenen haushaltszugehörigen Schwester.
Laut jüngster Rechtsprechung ist bei der Bemessung des Schmerzensgeld/Schmerzengeld auch die inflationsbedingte „Verdünnung des Geldwertes“ zu berücksichtigen. Da für die Höhe des Schmerzensgeld/Schmerzengeld der Geldwert zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in I. Instanz maßgeblich ist, muss für eine Vergleichbarkeit früherer Schmerzengeldansprüche auch die inflationsbedingte „Verdünnung“ des Geldwertes berücksichtigt werden.
So hat der Oberste Gerichtshof im Jahr 2011 (3 Ob 128/11 m) das bisher höchste Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 218.000,00 aufgrund einer Aufwertung nach dem Verbraucherpreisindex (VPI 2000) um 22 % auf insgesamt € 266.000,00 aufgewertet. Für eine Person welche ähnliche Verletzungen erlitt für welche der OGH im Jahr 2001 das bisher höchste Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 218.000,00 zugesprochen hat, ist aufgrund der „inflationsbedingten Verdünnung“ des Geldwertes im Zeitraum von zehn Jahren – bis zur Entscheidung im Jahr 2011 – ein Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 266.000,00 zuzusprechen. In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der OGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 (4 Ob 204/13 y) für ähnlich gelagerte Verletzungen den bisherigen Höchstzuspruch an Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 278.000,00 zugesprochen.
Die Rechtsprechung in Deutschland erkennt bei schweren und schwersten Verletzungen ein wesentlich höhere Schmerzensgeld/Schmerzengeld als in Österreich. So wurde in Deutschland bei schwersten körperlichen Verletzungen und Zerstörung der Persönlichkeit ein bisher höchstes Schmerzensgeld/Schmerzengeld in der Höhe von € 500.000,00 sowie eine Schmerzensgeldrente in der Höhe von monatlich € 650,00 zugesprochen. Es bleibt zu hoffen, dass auch in diesem Bereich sich die österreichische Rechtsprechung an die deutsche Judikatur angleicht.
Eine aktuelle Übersicht für Schmerzensgeld/Schmerzengeld der Österreichischen Rechtsprechung mit Stand September 2013 unter Anführung der Verletzungen: Schmerzengeld Tabelle
Ich hoffe diese Ausführungen stellen einen hilfreichen Überblick über die rechtliche Grundlage für den Anspruch auf Schmerzensgeld/Schmerzengeld dar. Für weitere Fragen stehe ich im Sinne der auf meiner Homepage angebotenen ersten unentgeltlichen Rechtsauskunft und Schmerzengeldrecherche bezüglich Höhe des Schmerzensgeld / Schmerzengeld gerne zur Verfügung.