Schmerzengeld Höchstbeträge für sauerstoffgeschädigte Kinder bei fehlerhaften Geburtsvorgang

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Auf meiner Homepage www.ra-kerschbaumer.at habe ich unter der Rubrik „Blog“ bereits mehrmals zur Haftung und den möglichen Schadenersatzansprüchen wegen fehlerhafter Pränataldiagnostik während der Schwangerschaft und Behandlungsfehler während des Geburtsvorganges Stellung genommen. Nachstehend möchte ich gesondert nur den Anspruch des sauerstoffgeschädigten Kindes auf Schmerzengeld anhand der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung darstellen, dies insbesondere unter Berücksichtigung der vom OGH dafür angewandten Grundsätze für die Bemessung der Höhe sowie der höchstgerichtlich gesicherten vorzunehmenden Valorisierung des Schmerzengeldes.

Das Schmerzengeld soll grundsätzlich eine einmalige Abfindung für Ungemach sein, das der Verletzte voraussichtlich zu erdulden hat. Es soll den gesamten Komplex der Schmerzempfindungen, auch soweit es für die Zukunft beurteilt werden kann, erfassen. Auch das Bewusstsein eines die gewohnte Lebensgestaltung nachhaltig beeinflussenden Dauerschadens und die damit verbundene seelische Belastung ist bei der Bemessung des Schmerzengeldes in Betracht zu ziehen. Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen.

Nach ständiger Rechtsprechung hat die Schmerzengeldbemessung nämlich nicht nach starren Regeln zu erfolgen, sodass es auch nicht nach Art eines Tarifs für einzelne Tage oder sonstige Zeiteinheiten aufgrund festgestellter Schmerzperioden berechnet werden kann. Schmerzperioden können lediglich als Berechnungshilfe herangezogen werden. Wenngleich bei der Bemessung des Schmerzengeldes auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen ist, ist doch zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab anzulegen; der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen bei der Bemessung darf nicht „gesprengt“ werden.

Bei schweren Verletzungen mit gravierenden Dauerfolgen, welche aufgrund Sauerstoffmangel hirngeschädigten Kindern jedenfalls vorliegen, verlieren die Schmerzengeldsätze von Hartl an Aussagekraft. Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen wobei allein aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung die Zuerkennung von im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen höheren Beträgen gerechtfertigt ist.

Hier steht bei der Bemessung ein Vergleich mit Schmerzengeldzusprüchen aus der Vergangenheit im Mittelpunkt. Nach der Rsp des OGH ist beim Vergleich jedoch die seit der Vorentscheidung eingetretene Geldentwertung zu berücksichtigen, wobei konkret die Inflation zwischen dem jeweiligen Entscheidungsdatum erster Instanz im Vorverfahren und dem derzeit letzten veröffentlichten VPI-Wert vorzunehmen ist. Mangels Kenntnis des jeweiligen Entscheidungsdatum 1. Instanz habe ich bei der von mir vorgenommenen Valorisierung jeweils den Monat Jänner und das Jahr der Gerichtsentscheidung (OGH/LG Innsbruck) zugrunde gelegt.

Aufgrund der oben gestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Bemessung des Schmerzengeldes hat der OGH nachstehende Schmerzengeldansprüche für sauerstoffgeschädigte Kinder aufgrund eines fehlerhaften Geburtsvorganges wie folgt zugesprochen:

11 Monate altes Kind; Schütteltrauma; Encephalopathie; Epilepsie; Störung der Seh- und Hörfunktionen; Bewegungsstörung; Unfähigkeit, das freie Gehen zu erlernen; gestörte geistige Entwicklung; Nahrungsaufnahme nur über Sonde; dauerhafte Berufsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit. In der OGH Entscheidung zu 2 Ob 221/02t wurde ein Schmerzengeld in der Höhe von € 182.000 zugesprochen. Unter Berücksichtigung einer Valorisierung dieses Betrages mit dem Verbraucherpreisindex 2000 und konkreten Zeitraum der Valorisierung von 01/2002-10/2024 würde sich für einen ähnlich gelagerten Sachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt 10/2024 ein valorisierter Schmerzengeld in der Höhe von € 315.900 errechnen.

Der 1997 geborene Geschädigte leidet seit Geburt an Hirnschädigung und der Lähmung aller vier Extremitäten (Tetraspastik); er kann nicht sprechen; voraussichtlich ist bis ans Lebensende eine Ganztagsbetreuung erforderlich. In der OGH Entscheidung zu 3 Ob 283/08a wurde ein Schmerzengeld in der Höhe von € 200.000 zugesprochen. Unter Berücksichtigung einer Valorisierung dieses Betrages mit dem Verbraucherpreisindex 2005 und konkreten Zeitraum der Valorisierung von 01/2008-10/2024 würde sich für einen ähnlich gelagerten Sachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt 10/2024 ein valorisierter Schmerzengeld in der Höhe von € 309.000 errechnen.

Neunjähriges Kind, das seit dem zweiten Lebensmonat aufgrund eines Arztfehlers an einer irreparablen Hirnschädigung leidet, die mit absoluter Immobilität, lebenslanger Pflegebedürftigkeit, völlig verzerrten Sinneswahrnehmungen und der Unfähigkeit, Sprache zur Interaktion zu nutzen, verbunden ist (Begehren: € 400.000). In der Entscheidung des LG Innsbruck 69 Cg 36/11k wurde ein Schmerzengeld in der Höhe von € 250.000 zugesprochen. Unter Berücksichtigung einer Valorisierung dieses Betrages mit dem Verbraucherpreisindex 2010 und konkreten Zeitraum der Valorisierung von 01/2011-10/2024 würde sich für einen ähnlich gelagerten Sachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt 10/2024 ein valorisierter Schmerzengeld in der Höhe von € 367.750 errechnen.

Aufgrund der obigen Ausführungen ergibt sich, dass insbesondere der Valorisierungseffekt bei der Bemessung des Schmerzengeldes zu berücksichtigen ist. Dem Anwalt Ihres Vertrauens sollten sohin die ständige/aktuelle Schmerzengeldjudikatur und die dargestellten Grundsätze zur Bemessung des Schmerzengeldes bekannt sein.

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