Schmerzengeld für psychische, seelische Beeinträchtigung

Verletzung iSd § 1325 ABGB ist jede Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit und Unversehrtheit. Mehrfach wurde bereits höchstgerichtlich ausgesprochen, dass massive Einwirkungen auf die psychische Sphäre dann als körperliche Verletzung anzusehen sind, wenn sie mit körperlichen krankheitswertigen Symptomen einhergehen, wie dies etwa bei der posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Unfalls oder aber auch bei Erleben von Todesangst anzunehmen ist. Dass auch psychische Schmerzen, die Folgen einer körperlichen Beschädigung sind, durch Schmerzengeld abgegolten werden sollen, ist somit in der Rechtsprechung bereits geklärt.

Im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit, spezialisiert auf Schadensersatzansprüche in sämtlichen Bereichen, dazu verweise ich auf die Übersicht in meiner Homepage, vertrete ich ständig schwerstverletzte Mandanten mit mehrfachen Operationen und monatelangen Krankenhausaufenthalt, Rehabilitationsaufenthalt und massiven Dauerfolgen in Form von Amputationen, Lähmungen, lebenslänglicher Pflegebedürftigkeit und massiven neurologischen Ausfällen und Spätfolgen. Am Anfang der Behandlungen besteht immer der massive (reine) körperliche Schmerz, erst nach Abklingen und Beherrschbarkeit der körperlichen Schmerzen beginnt das „Grübeln und Nachdenken“, warum gerade der Verletzte, noch dazu unverschuldet, ein derartig traumatisches Geschehen erlitt.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt beginnt die Phase des psychischen/seelischen Schmerzes, über das Bewusstsein oder der drohenden Gefahr körperlich nicht mehr voll einsatz­fähig zu sein, die geliebten sportlichen Aktivitäten und ausgeübten Freizeit­aktivitäten, nur mehr beschränkt oder überhaupt nicht mehr ausüben zu kön­nen, in der Berufsausübung beeinträchtigt zu sein mit der Notwendigkeit einer beruflichen Umschulung oder schlimmstenfalls mit Beendigung der bisherigen Erwerbsfähigkeit samt Pensionierung, Existenzängste, Bestehen einer lebenslangen Pflegebedürftigkeit samt massiver Belastung einer bestehenden Partnerschaft und Sorge über deren Weiterbestehen, um die Versorgung und Pflege in der Familie sowie alle Beeinträchtigungen, die nach Art der Dauerfolgen den Geschädigten an der Teilnahme an jenen Lebensfreuden hindern, die er vor dem Unfall genießen konnte und genossen hat.

Diese Sorgen des schwer verletzten Mandanten sind meistens verbunden mit wiederholtem Erleben des Traumas, Schlaflosigkeit, Schlafstörungen, Angst, Verzweiflung, Antriebslosigkeit, Rückzug, ein Gefühl unmöglich zurecht zu kommen, eine Einschränkung bei der Bewältigung der täglichen Routine und Störung des Sozialverhaltens, Hoffnungslosigkeit, traurige Verstimmung und depressiven Stimmungsverhalten. Dabei handelt es sich um krankheitswertige psychische Beeinträchtigungen, die bei der Schmerzengeldbemessung, unabhängig der bestehenden (rein) körperlichen Schmerzen, im Schmerzkalkül separat mitzuberücksichtigen sind. Im Regelfall sind bei derartig massiven Verletzungen mit massiven Dauerfolgen und Spätfolgen zur Bemessung des Schmerzengeldes SV-Gutachten aus den Fachbereichen für Unfallchirurgie, Neurologie und Psychiatrie einzuholen.

Das Schmerzengeld hat die Aufgabe, eine Globalentschädigung für alle durch die eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen zu gewähren. Seelische Schmerzen sind ersatzfähig und bei der Schmerzengeldbemessung mitzuberücksichtigen, wenn sie Folge einer Körperverletzung sind und der kundige Rechtsvertreter im Gerichtsverfahren oder im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung dazu ein entsprechendes Vorbringen erstattet.

In der Regel findet sich in der Krankengeschichte einer unfallchirurgischen Abteilung keine Dokumentation über eine krankheitswertige psychische Beeinträchtigung, bestenfalls ist eine einmalige Betreuung durch den psychosozialen Dienst vermerk. Es ist sohin im Rahmen der anwaltlichen Vertretung äußerst wichtig darüber aufzuklären, dass aufgrund einer objektivierten kausalen psychischen krankheitswertigen Beeinträchtigung, es zu einer beträchtlichen Erhöhung des Schmerzengeldes, im Vergleich unter Berücksichtigung lediglich der körperlichen Verletzungen, kommen kann.

Aus meiner langjährigen Praxis habe ich die Erkenntnis erlangt, dass die psychisch krankheitswertigen traumatisierten Mandanten anfänglich eine psychiatrische oder psychologische Behandlung in welcher Form auch immer ablehnen, hilfreich ist deswegen die Beiziehung bei derartigen Aufklärungsgesprächen naher Angehörige. Im gemeinsamen Gespräch mit diesen erfolgt dann meistens die Erkenntnis, dass die psychiatrische oder psychologische Behandlung, auch im Hinblick auf die zwischenmenschliche Beziehung zum Lebenspartner, notwendig ist.

Das Bewusstsein eines die gewohnte Lebensgestaltung nachhaltig beeinflussenden Dauerschadens und die damit verbundene seelische Belastung sind bei der Bemessung des Schmerzengeldes in Betracht zu ziehen. Im Rahmen der Globalbemessung des Schmerzengeldes sind auch Sorgen des Verletzten um die Wiederherstellung der Gesundheit, um die Möglichkeit der späteren Berufsausübung, um die Versorgung und Pflege in der Familie sowie alle Beeinträchtigungen, die nach Art der Dauerfolgen den Geschädigten an der Teilnahme an jenen Lebensfreuden hindern, die er vor dem Unfall genießen konnte und genossen hat, zu berücksichtigten.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der kundige Rechtsvertreter die formellen Voraussetzungen im Gerichtsverfahren oder im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung schafft. Dies geschieht durch ein entsprechendes Vorbringen in welcher Form und Ausmaß eine kausale krankheitswertige psychische Beeinträchtigung besteht unter Nachweis der entsprechenden Behandlungsunterlagen sowie den Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Erst danach kann eine wie von der Judikatur geforderte Globalbemessung des Schmerzengeldes, unter Berücksichtigung der bisherigen und zukünftigen krankheitswertigen psychischen Beeinträchtigungen erfolgen.

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