OGH 25.02.2016, 1 Ob 22/16s
Der Vater des damals 13 ½-jährigen Klägers verstarb zu Hause an einem Herzinfarkt, nachdem ihm in einem vom Beklagten betriebenen Krankenhaus die stationäre Aufnahme verweigert worden war. Die Haftung der Beklagten für die dadurch beim Kläger eingetretenen seelischen Gesundheitsbeeinträchtigungen ist nicht strittig. Der Beklagte hat vorprozessual eine Zahlung von 15.000 EUR geleistet. Das Erstgericht sprach ihm weitere 5.000 EUR, somit insgesamt ein Schmerzensgeld von € 20.000.
Rechtliche Beurteilung durch den OGH
- Die Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist eine Frage des Einzelfalls, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (RIS-Justiz RS0042887). Bei der Schmerzensgeldbemessung ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Judikatur ein objektiver Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0031075). Die Revision ist daher lediglich im Falle einer eklatanten Fehlbemessung, die erheblich aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt, zulässig (RIS-Justiz RS0042887 [T5, T6, T10]; RS0031075 [T7]).
- Das Berufungsgericht hat bei seiner Globalbemessung (s dazu nur RIS-Justiz RS0122794; 2 Ob 143/15s ua) die erstgerichtlichen Feststellungen berücksichtigt, nach denen der Kläger eine akute Belastungsstörung in der Dauer von einer Woche erlitten hat, die mit starken Schmerzen gleichgestellt werden kann. In der Folge erlebte er eine posttraumatische Belastungsstörung über einen Zeitraum von drei Monaten im Sinne einer depressiven Phase, wobei diese Störung nach sechs Monaten einigermaßen gut beherrschbar war; die dabei erlittenen psychischen Schmerzen sind mit komprimierten leichten Schmerzen über drei Monate vergleichbar. Weitere psychische Beeinträchtigungen als Spät- oder Dauerfolge sind nicht zu erwarten.
Auch wenn der Oberste Gerichtshof in einem ähnlichen Fall (2 Ob 143/15s) über Revisionen der Geschädigten die Entscheidungen des Berufungsgerichts, das Schmerzengeldbeträge von 25.000 EUR und 30.000 EUR zuerkannt hatte, als nicht korrekturbedürftig angesehen hat, kann ein Schmerzengeldzuspruch an den Kläger von 20.000 EUR nicht als unvertretbar niedrig qualifiziert werden. Wenn sich der Revisionswerber insbesondere auf die zu 2 Ob 99/08k ergangene Entscheidung beruft, in der der Geschädigten schon bei einem vergleichbaren Zustand im Jahr 2002 20.000 EUR zuerkannt wurden, ist er darauf hinzuweisen, dass die damalige Klägerin in Depressionen verfallen war, die eine Psychotherapie im Umfang von 33 Gesprächsterminen zur Folge hatte, wogegen der Kläger hier eine solche Behandlung nicht in Anspruch nehmen musste. Ein Betrag von 35.000 EUR war etwa einem geschädigten Angehörigen (bzw dessen Nachlass), dessen durch das Schadensereignis ausgelöste Depressionen so gravierend waren, dass sie sogar zum Selbstmord führten, zuerkannt worden (2 Ob 135/07b).