Laut § 1304 ABGB obliegt es dem Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten. Verletzt ein Geschädigter die sogenannte Schadenminderungspflicht bei der Verweigerung einer Operation? Wann kann eine Operation abgelehnt werden, ohne Gefahr zu laufen, dass der eingetretene Schaden nicht vollständig gedeckt wird? Diese Fragen kläre ich in folgendem Beitrag.
Die Schadenminderungspflicht ist ein rechtliches Prinzip, das besagt, dass eine Partei, die von einem Schaden betroffen ist oder einen Schaden erwartet, angemessene Maßnahmen ergreifen muss, um den Schaden zu begrenzen oder zu minimieren. Eine solche Schadensminderungspflicht besteht jedoch nur, wenn und soweit dem Geschädigten das entsprechende Verhalten möglich und zumutbar ist. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegt im Allgemeinen dann vor, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht schlägt sich im Regelfall nicht in einer quotenmäßigen Schadensteilung nieder; der Geschädigte hat vielmehr die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen.
Kann der Geschädigte eine Operation verweigern, ohne die Schadensminderungspflicht zu verletzen?
Einer Operation muss sich der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht grundsätzlich nur unterziehen, wenn sie einfach und gefahrlos ist und ohne nennenswerte Schmerzen sichere Aussicht auf Erfolg bietet. Ist der Erfolg einer Operation hingegen schon an sich zweifelhaft, handelt es darüber hinaus um einen schweren, unter Umständen lebensgefährlichen Eingriff und ist die körperliche und geistig-seelische Verfassung des Geschädigten durch Unfall oder Krankheit bereits reduziert, kann ein Hinausschieben oder auch eine Weigerung, sich der Operation zu unterziehen, nicht als Verletzung der Schadensminderungspflicht angesehen werden. So wurde beispielsweise eine große, mit besonderen Schmerzen verbundene Operation mit ungewissem Ausgang als dem Geschädigten nicht zumutbar gewertet.
Wann gilt eine Operation als nicht zumutbar?
Dass eine Operation medizinisch dringend indiziert ist, sagt noch nichts darüber aus, ob sie dem Patienten auch zumutbar ist. Ein Beispiel aus der Praxis: Das Höchstgericht hat entschieden, dass einem Patienten eine Operation nicht zumutbar ist, weil eine Wahrscheinlichkeit von 30 % besteht, dass der Patient im Zusammenhang mit dieser Operation neuerlich eine potenziell lebensbedrohliche Infektion mit einem multiresistenten Keim erleidet. Aufgrund dieses hohen Risikos sei die Operation dem Patienten laut höchstgerichtlicher Entscheidung nicht zumutbar.
Sollten Sie Fragen zur Schadenminderungspflicht bzw. zur Zumutbarkeit von Operationen haben, kontaktieren Sie mich gerne für ein kostenloses Erstgespräch.