In 30 Jahren entwickelte sich in der österreichischen Rechtsprechung fast eine Vervierfachung des Schmerzengeldes:
1987 erstmals Überschreiten ATS 1 Mio.-Grenze (ca. € 72.700): LG Innsbruck
1997 erstmals Zuspruch ATS 2 Mio. (ca € 145.000): OLG Wien
2001 erstmals Zuspruch ATS 3 Mio. (ca € 218.000): OGH
2014 € 220.000: OLG Linz
2016 € 250.000: LG Innsbruck–derzeit höchster Zuspruch.
In den Entscheidungen des OGH zu 2 Ob 295/01y; 2 Ob 61/02p; 2 Ob 314/02v wurde ausgesprochen, dass es „tendenziell geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen“. Mit einer weiteren Erhöhung des Schmerzengeldes, wie auch von der Literatur gefordert, ist zu rechnen. Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzengeldes hat der OGH nachstehende Kriterien und Grundsätze entwickelt:
Das Schmerzengeld soll grundsätzlich eine einmalige Abfindung für das Ungemach sein, das der Verletzte voraussichtlich zu erdulden hat. Es soll den gesamten Komplex der Schmerzempfindungen, auch soweit er für die Zukunft beurteilt werden kann, erfassen (vgl RIS-Justiz RS0031307, RS0031040 uva). Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist das Schmerzengeld nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für alles Ungemach, das der Verletzte bereits erduldet hat und voraussichtlich noch zu erdulden haben wird, grundsätzlich global festzusetzen (RIS-Justiz RS0031415; RS0031307). Die Bemessung hat nicht nach starren Regeln, etwa nach Tagessätzen oder Schmerzperioden, zu erfolgen. Es ist vielmehr jede Verletzung in ihrer Gesamtauswirkung nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu betrachten und auf dieser Basis eine Bemessung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0031415 [T7 und T8]; Harrer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1325 Rz 72 mwN, Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1325 Rz 45).
Der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen darf zwar im Einzelfall „nicht gesprengt“ werden, doch erscheint es geboten, das Schmerzengeld global und auch nicht zu knapp zu bemessen (RIS-Justiz RS0031075 [T4]; RS0031191; RS0031055; RS0031307; RL0000042). Die Zuerkennung höherer Beträge im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen ist- 10 – 16 R 97/18d nicht nur wegen dieses Grundsatzes, sondern auch aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung gerechtfertigt (RIS-Justiz RS0031075 [T10] = 2 Ob 83/14s; 2 Ob 175/14v; 3 Ob 128/11m). Wenngleich bei der Bemessung des Schmerzengelds auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen ist, ist doch zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstabanzulegen, wobei der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen bei der Bemessung nicht gesprengt werden darf RIS-Justiz RS0031075). Für die Bemessung des Schmerzengeldesist somit der Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen angezeigt.
Darüber hinaus ist laut ständiger Rechtsprechung (3 Ob 128/11m) bei der Schmerzengeldbemessung auch die inflationsbedingte „Verdünnung“ des Geldwertes zu berücksichtigen.Nach der Rsp des OGH ist beim Vergleich jedoch die seit der Vorentscheidung eingetretene Geldentwertung zu berücksichtigen (zuletzt 2 Ob 214/14f = Zak 2015/439, 238).
Das derzeit höchste Schmerzengeld wurde vom LG Innsbruck 27. 6. 2016, 69 Cg 36/11 k mit einem Betrag in der Höhe von € 250.000,00 zugesprochen. Dabei handelt es sich um einen nicht bekämpften Zuspruch der I. Instanz, ohne Überprüfung durch das Höchstgericht für ein neunjähriges Mädchen (Sonderschülerin), das 2 Monate nach seiner Geburt zufolge ärztlichen Narkosefehlers bei Hernienoperation aufgrund Sauerstoffmangels (hypoxisch-ischämisches Ereignis) eine irreparable Hirnschädigung mit einer alle Körperteile und –funktionen betreffenden schwersten globalen psychomotorisch-kombinierten Entwicklungsstörung iVm einer Kombination von motorischen, perzeptiven, sprachlichen, sozialen und emotionalen Auffälligkeiten sowie lebenslanger Pflegebedürftigkeit, absoluter Immobilität (kann nicht einmal ihre Körperposition im Bett selbständig verändern), Stuhl- und Harninkontinenz, völlig verzerrten visuellen, akustischen, kinästhetischen, gustatorischen, taktilen und olfaktorischen Sinneswahrnehmungen sowie aufgrund ihrer geistigen Behinderung auch Unfähigkeit, die Sprache für und in der menschlichen Interaktion zu benutzen, ohne Besserungsaussichten erlitt. Überdies wurde gem. § 1326 ABGB eine Verunstaltungsentschädigung in der Höhe von € 25.000 zugesprochen. Nochmals ist festzuhalten, dass es sich dabei um keinen Zuspruch durch den OGH handelt. Es ist aber in Zukunft davon auszugehen, dass auch diese Instanz bei der nächsten Möglichkeit seine bisherige Judikatur zum Schmerzengeld entsprechend anpassen wird.
Das OLG Linz als Berufungsgericht hat am 21. 10. 2014, zu 2 R 150/14 p einen Schmerzengeldbetrag in der Höhe von € 220.000 zugesprochen. Dabei handelte es sich um einen 59-jährigem Mann mit komplettem Querschnittsyndrom ab etwa 10 cm über dem Bauchnabel und kompletter Aufhebung der Beweglichkeit der unteren Extremitäten; linke obere Extremität aufgrund Läsion des Armnervengeflechts nicht aktiv einsetzbar, rechte Hand nur zur Bedienung des elektrischen Rollstuhls sowie zum Erreichen des Mundes, des Kopfhaares und des Nackens; etliche weitere Knochenbrüche; muss Windelhosen tragen, Stuhlentleerungen nur mittels drei mal pro Woche durch geführtem Einlauf möglich, Harnlassen über suprapubischem Harnblasenkatheter, vollkommene Aufhebung der Sexualfunktion, kann aufgrund Schluckstörung nur püriertes und eingedicktes Essen zu sich nehmen, weiter Tracheostoma mit Sprechkanüle und ohne Besserungsaussichten.
In der Entscheidung des OGH vom 18. 4. 2002, zu 2 Ob 237/01v wurde das bisher höchste Schmerzengeld durch den OGH mit € 218.018,50 (=ATS 3.000.000) zugesprochen. Diese Entscheidung betraf einen bei einem Geisterfahrerunfall schuldlos schwerstverletztem jungem Mann (neben Schädelhirntrauma des Grades II und zahlreichen Knochenbrüchen samt schweren inneren Verletzungen hohe Querschnittsymptomatik mit Lähmung des Rumpfes und aller vier Extremitäten, weiters Augenmuskellähmung und Lähmung des Atemnervs [bis an sein Lebensende künstliche Beatmungsnotwendigkeit, verbunden mit daraus resultierender ständiger Todesangst.
Müsste der OGH einen Fall mit ähnlich gelagerten Verletzungen wie in der Entscheidung des OGH vom 18.04.2002 zu 2 Ob 237/01 v jetzt entscheiden würde sich ein inflationsbedingt aufgewertetes Schmerzengeld von € 300.000,00 ergeben.
Der mit der Schmerzengeldjudikatur vertraute und versierte Anwalt hat sohin zuerst, um ähnlich gelagerte Entscheidungen zu finden, eine entsprechende Schmerzengeldrecherche vorzunehmen und sodann diese Entscheidung zum jeweiligen Zeitpunkt inflationsbedingt mit dem Verbraucherpreisindex hochzurechnen. Durch diese teilweise äußerst zeitaufwendige und mühsame Recherche und Berechnung sichert dieser dem Mandanten einen objektiven und der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entsprechenden Schmerzengeldanspruch.