Sowohl bei einem medizinischen Eingriff, der die Empfängnisverhütung bezweckt (z. B. Vasektomie oder Eileiterunterbindung), als auch bei der Pränataldiagnostik sind die finanziellen Interessen der Mutter (der Eltern) an der Verhinderung der Empfängnis bzw. der Geburt eines (weiteren) Kindes vom Schutzzweck des ärztlichen Behandlungsvertrags umfasst. Wäre das Kind bei fachgerechtem Vorgehen bzw. ordnungsgemäßer Aufklärung der Mutter (der Eltern) nicht empfangen bzw. nicht geboren worden, haftet der Arzt (unabhängig von einer allfälligen Behinderung des Kindes) insbesondere für den von den Eltern für das Kind zu tragenden Unterhaltsaufwand.
Bei Vorliegen einer lebenslangen pflegeintensiven Behinderung des Kindes, welches bei richtiger Pränataldiagnostik nicht geboren worden wäre, haben die Eltern auch Anspruch auf Schmerzengeld wegen Schockschaden bei „schwersten“ Verletzungen naher Angehöriger, so etwa bei lebenslänglicher Pflegebedürftigkeit eines Kindes durch eine Mutter.
Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung zum Schockschaden bei „schwersten“ Verletzungen naher Angehöriger erscheint es nur folgerichtig, dass man einen Ersatzanspruch auf Schmerzengeld auch dann gewährt, wenn nicht die Verletzung des Angehörigen selbst einen Schock auslöst, sondern beispielsweise erst seine Betreuung aufgrund einer Überlastungssituation zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung des pflegenden Familienmitgliedes führe. Ein Größenschluss erscheine insofern geradezu zwingend, da eine dauerhafte Belastung oftmals noch schwerer wiege als ein zeitlich begrenztes Schockgeschehen. Deswegen haben die Eltern bei der Geburt eines aufgrund einer nicht lege artis vorgenommenen Pränataldiagnostik schwer missgebildeten, behinderten und lebenslang pflegebedürftigen Kindes zusätzlich zum Pflegeaufwand auch Anspruch auf Schmerzengeld.
Die Geburt eines gesunden, wenn auch unerwünschten Kindes, bedeutete bisher keinen Schaden im Rechtssinn und wurden sämtliche Unterhaltsansprüche für eine abgewiesen. In der Entscheidung des OGH vom 21.11.2023 zu 3 Ob 9/23d hat dieser durch einen verstärkten Senat über diese Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung entschieden und folgende Rechtssätze gefällt:
Sowohl bei einem medizinischen Eingriff, der die Empfängnisverhütung bezweckt (z. B. Vasektomie oder Eileiterunterbindung), als auch bei der Pränataldiagnostik sind die finanziellen Interessen der Mutter (der Eltern) an der Verhinderung der Empfängnis bzw. – bei Vorliegen der embryopathischen Indikation – der Geburt eines (weiteren) Kindes vom Schutzzweck des ärztlichen Behandlungsvertrags umfasst.
Wäre das Kind bei fachgerechtem Vorgehen bzw. ordnungsgemäßer Aufklärung der Mutter (der Eltern) nicht empfangen bzw. nicht geboren worden, haftet der Arzt (unabhängig von einer allfälligen Behinderung des Kindes) insbesondere für den von Eltern für das Kind zu tragenden Unterhaltsaufwand.
Aufgrund dieser Grundsatzentscheidung des OGH haben nun die Eltern auch bei fehlerhafter Empfängnisverhütung Ersatz auf den vollen Unterhaltsaufwand. Dieser wird zur Erleichterung der konkreten Berechnung nach der Prozentmethode, analog zu den Unterhaltsverpflichtungen bei Scheidungen und bei getrennter Obsorge, berechnet.
Dazu kommen noch weitere zukünftige Ansprüche des Kindes wie Ausstattung bei der Eheschließung, die nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Eheschließung vorzunehmen ist. Dabei muss neben dem Einkommen auch auf das Vermögen des Elternteils Bedacht genommen werden. Der Ausstattungsanspruch kann grundsätzlich mit bis zu 1/3 des Jahresnettoeinkommens des verpflichteten Elternteils zzgl. eines Anteils am tatsächlichen oder erzielbaren Vermögenszuwachs eines Jahres bemessen werden.