Sie vermeinen, Opfer eines Behandlungsfehlers, eines ärztlichen Kunstfehlers zu sein? Arztfehler, die zu einem Anspruch auf Schmerzengeld beim Pateinten führen, können ganz unterschiedlicher Natur sein. Detaillierte Rechtsauskunft nach einem ärztlichen Behandlungsfehler kann nur nach Kenntnis der individuellen Umstände erfolgen. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen die unterschiedlichen Arten von Arztfehlern vorstellen.
Was ist ein sogenannter Kunst- oder Behandlungsfehler? Ein Kunstfehler eines Arztes bezieht sich auf eine medizinische Behandlung oder einen medizinischen Eingriff, bei dem der Arzt Fehler gemacht hat, die zu Schäden oder Verletzungen beim Patienten geführt haben.
Bei welchen Arztfehlern hat man Anspruch auf Schmerzengeld?
1) Diagnosefehler: | Der Arzt macht eine Fehldiagnose, zB weil er sich irrt oder die falsche Befundaufnahme (zum Beispiel MR statt CT) wählt. |
2) Befundmangel: | Trotz Hinweise in der Krankengeschichte unterlässt es der Arzt ältere Krankengeschichten beizuschaffen und dies führt zu einem Diagnosefehler oder zu einem Fehler in der Wahl der richtigen Operationsmethode. |
3) Behandlungsfehler: | Der Arzt wählt beispielsweise eine falsche Operationsmethode; eine nicht nach den Regeln der Kunst durchgeführte Operation; eine vorzeitiger Abbruch der OP usw. |
4) Fehler in der Wahl der Medikation: | Der Arzt übersieht eine Unverträglichkeit. Der Arzt übersieht, dass der Patient bereits regelmäßig mit dem neuen Medikament unvereinbare Medikamente nimmt. Im Rahmen von Spitalsaufenthalten werden gelegentlich auch vom Facharzt verschreibungspflichtige Medikamente ohne eine solche Verschreibung verabreicht. Es kommt zu Dosierungsfehlern / Übermedikationen. |
5) Hygienische Missstände in Gesundheitseinrichtungen: | Bakterien, Viren, Sporen, Pilze lassen sich aus den Blutbildern bzw. den Mikrobiologiebefunden erkennen. Die Verwendung nicht (unzureichend) desinfizierter, Instrumente, Arbeitsflächen usw… kann ebenso zu einer Haftung des Trägers der Gesundheitseinrichtung führen. Das heißt selbst wenn der Arzt keinen Kunstfehler im eigentlichen Sinne begangen hat, kann ein Anspruch auf Schadenersatz aus anderen Gründen bestehen, insbesondere wegen eines Organisationsverschuldens. |
6)Wahl der falschen Behandlungsmethode: | Stehen mehrere diagnostisch oder therapeutisch adäquate Verfahren zur Verfügung, sodass der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat, muss der Arzt ihn über die zur Wahl stehenden Alternativverfahren informieren und das Für und Wider (insbesondere verschiedene Risken, verschieden starke Intensität der Eingriffe, differierende Folgen, Schmerzbelastungen und unterschiedliche Erfolgsaussichten) mit dem Patienten abwägen. Wahl der sichersten und schonendsten Behandlungsmethode Aufgrund der Bestimmungen des Ärztegesetz und des KaKuG schuldet der Arzt dem Patienten die gewissenhafte Betreuung nach Maßgabe der medizinischen Wissenschaft und der ärztlichen Erfahrung mit jener Sorgfalt, die mit einem ordentlichen und pflichtgetreuen Durchschnittsarzt mit der konkreten Behandlungssituation erwartet werden kann, nicht aber die Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten. Die Behandlung muss stets auf einer Diagnose aufbauen; verbliebene Unklarheiten sind nach Möglichkeit durch weitergehende Untersuchungen – insbesondere durch einen für das betroffene Fach spezialisierten Kollegen – aufzuklären. Aus der Diagnose muss der Arzt nicht nur die notwendigen Behandlungsmaßnahmen ableiten, er muss auch dem Patienten über die Diagnose, die in Betracht kommende Behandlung und die mit der Durchführung der Behandlung (oder ihrer Unterlassung) verbundenen Risken aufklären. Der OGH hat wiederholt ausgesprochen, dass der Patient aus dem Behandlungsvertrag Anspruch auf „Anwendung der nach dem Stand der Wissenschaft zu fordernden sichersten Maßnahmen zur möglichen Ausschaltung oder Einschränkung bekannter Risken und Gefahren“ hat. |
7) Fehlverhalten von Spitalsärzten: Sorgfaltsmaßstab, Behandlung lege artis: | Spitalsärzten anzulastendes Fehlverhalten bei der Behandlung des Patienten liegt dann vor, wenn diese nicht nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vorgegangen sind oder die übliche Sorgfalt eines ordentlichen, pflichtgetreuen Durchschnittsarztes in der konkreten Situation vernachlässigt haben (RIS-Justiz RS0038202). Die Behandlung muss also entsprechend den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft und den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen. Der Arzt handelt nicht fahrlässig, wenn die von ihm gewählte Behandlungsmethode einer Praxis entspricht, die von angesehenen, mit dieser Methode vertrauten Medizinern anerkannt ist, selbst wenn ebenfalls kompetente Kollegen eine andere Methode bevorzugt. Eine Behandlungsmethode kann grundsätzlich so lange als fachgerecht angesehen werden, wie sie von einer anerkannten Schule medizinischer Wissenschaft vertreten wird. Der Maßstab für Sorgfalt und Fachkunde eines Arztes bestimmt sich nach dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Zeit der Behandlung. Richtlinien oder Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften oder anderer Expertengremien sind regelmäßig rechtlich unverbindlich, allerdings können solche Richt- oder Leitlinien der Konkretisierung und Feststellung des aktuellen medizinischen Standards dienen. |
8) Verletzung der Aufklärungspflicht: | Grundlage für eine Haftung des Arztes wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, in dessen körperliche Integrität durch den ärztlichen Eingriff eingegriffen wird. Der Patient muss in die jeweilige konkrete Behandlungsmaßnahme einwilligen. Fehlt es daran, so ist die Behandlung grundsätzlich rechtswidrig, auch wenn der Eingriff selbst medizinisch indiziert und lege artis durchgeführt worden ist. Die Wirksamkeit der Einwilligung des Patienten setzt eine umfassende Aufklärung voraus, erforderlich ist eine Diagnose-, Behandlungs- und Risikoaufklärung. Die ärztliche Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Erklärung, in die Behandlung einzuwilligen, zu überschauen. Aufklärungsadressat ist deshalb primär der Patient selbst. Es entspricht ständiger Judikatur, dass der Arzt im Rahmen des Behandlungsvertrags den Patienten über Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und schädlichen Folgen einer Operation zu unterrichten hat. Die ärztliche Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zu überschauen. Ist der Eingriff nicht dringlich, muss der Patient auch auf allenfalls bestehende alternative Behandlungsmethoden hingewiesen werden. Dabei sind Vorteile und Nachteile, verschiedene Risken, verschieden starke Intensität des Eingriffs, differierende Folgen, Schmerzbelastungen und verschiedene Höhe der Erfolgsaussichten gegeneinander abzuwägen. Aufzuklären ist also nicht nur über allfällige alternative Behandlungsmethoden, sondern vor allem auch über die Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und die schädlichen Folgen einer Behandlung. |
Rechtslage bei ästhetischen Behandlungen
Das Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen (ÄsthOpG), BGBl I 2012/80 idgF, das anzuwenden ist, wenn ästhetische Behandlungen und Operationen ohne medizinische Indikation durchgeführt werden, enthält spezielle Regelungen über die ärztliche Aufklärung (§ 5 ÄsthOpG) und die Einwilligung (§ 6 ÄsthOpG).
§ 6 Abs 1 ÄsthOpG ordnet an, dass eine ästhetische Operation nur durchgeführt werden darf, wenn die Patientin (der Patient) nach umfassender ärztlicher Aufklärung (§ 5) ihre (seine) Einwilligung nachweislich dazu erteilt hat, und eine Frist von zumindest zwei Wochen zwischen der abgeschlossenen ärztlichen Aufklärung und der Einwilligung einzuhalten ist.
Zweck der gesetzlich angeordneten Wartefrist ist, dem Patienten eine ausreichend lange Überlegungsfrist einzuräumen, innerhalb derer alle Argumente nochmals gegeneinander abgewogen werden sollen und möglicherweise auch Zweitmeinungen eingeholt werden können. Danach soll die ästhetische Operation ohne Zeitdruck, aufgrund einer bewussten Entscheidung und erst nach reiflicher Überlegung und Reflexion durch die Patienten erfolgen.
Rechtslage nach Vorliegen eines Behandlungsfehlers
Für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und seine Kausalität in Bezug auf den eingetretenen Schaden ist der Patient beweispflichtig. Der schadenersatzbegehrende Kläger muss einen (sehr) hohen Grad der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers beweisen. Nur, wenn dieser erbracht wurde, sind nach der Rechtsprechung wegen der besonderen Schwierigkeit eines exakten Beweises geringere Anforderung an den Nachweis der Kausalität zu stellen, es reicht bereits der Anscheinsbeweis aus.
Wer trägt die Beweislast bei einem Behandlungsfehler?
Die Beweislast dafür trifft auch im Arzthaftungsrecht grundsätzlich den Kläger. Nicht beweispflichtig ist der Kläger nur für den Umstand, dass er dem Eingriff bei ordentlicher Aufklärung nicht zugestimmt hätte; insofern trifft die Behauptungs‑ und Beweislast einer Einwilligung des Klägers auch für den Fall einer vollständigen Aufklärung den Beklagten.
Aufgrund der Schwierigkeiten, einen exakten Beweis zu erbringen, stellt die judizielle Praxis bei möglicherweise mit Behandlungsfehlern zusammenhängenden Gesundheitsschäden von Patienten geringere Anforderungen an den Kausalitätsbeweis, zumal ein festgestellter schuldhafter Behandlungsfehler auf einen nachteiligen Kausalverlauf geradezu hinweist. Für den vom Patienten zu führenden Beweis der Kausalität des ärztlichen Behandlungsfehlers genügt eine (sehr) hohe Wahrscheinlichkeit.
Zum Arzthaftungsrecht judiziert der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass für den dem Kläger obliegenden Beweis der Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden der Nachweis genügt, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch den Fehler der Ärzte nicht bloß unwesentlich erhöht wurde.
Rechtsauskunft nach einem Arztfehler – Anspruch auf Schmerzengeld
Wenn Sie vermuten aufgrund eines Arztfehlers zu Schaden gekommen zu sein, kontaktieren Sie mich gerne. Für Beurteilung und detaillierte Rechtsauskunft, bedarf es die genaue Kenntnis Ihres Falles. Halten Sie alle relevanten medizinischen Unterlagen, einschließlich Arztberichte, Krankenhausberichte, Laborergebnisse und andere Dokumente, bereit. Diese Unterlagen sind wichtig, um zu beurteilen, ob Ihnen Schmerzengeld nach einem Arztfehler zusteht.