Die gerichtliche Geltendmachung von schadenersatzrechtlichen Ansprüchen aus Verkehrsunfällen in Österreich mit einem ausländischen Verkehrsteilnehmer ist problemlos in Österreich möglich. Probleme ergaben sich bei Verkehrsunfällen mit Abwicklung internationaler Unfallschäden, da diese mit einigen Ausnahmen nach dem Haager Übereinkommen, nur im Ausland gerichtlich geltend zu machen waren
Aufgrund der fünften europäischen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsrichtlinie ist nun vorgesehen dass Geschädigte die ausländische Kfz-Haftpflichtversicherung auch an Ihrem Wohnsitz klagen können. Das Durchsetzen von Schadenersatzansprüchen aus internationalen Verkehrsunfällen wird dadurch für den Geschädigten erheblich leichter und günstiger. Man denke z.B. nur daran, dass etwa bei einem Verkehrsunfall eines Österreichers in Italien mit einem italienischen Kfz nicht mehr die italienischen Gerichte bemüht werden müssen. Die Kfz-Haftpflichtversicherer werden so auch indirekt gezwungen, ihrem Schadenregulierungsauftrag nicht nur formal nachzukommen; vielmehr ist der ausländische Kfz-Haftpflichtversicherer nunmehr gefordert, den Schadenregulierungsauftrag zu erfüllen, anderenfalls droht ihm eine Klage am Wohnsitz des Geschädigten im Ausland.
Ungeachtet der Möglichkeit, die schadenersatzrechtlichen Ansprüche aus einem Unfall im Ausland vor den inländischen Gerichten geltend zu machen, kommt aber im Verfahren das jeweils anzuwendende materielle Recht jenes Landes zur Anwendung, in welchem sich der Unfall ereignete. Es ist sohin die Kenntnis des jeweiligen anzuwendenden materiellen Rechtes des Unfalllandes notwendig, welche durch ständige Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen und Online-Zugängen zu allen relevanten Rechtsdatenbanken gesichert ist. Dies ist umso notwendiger, da bei einem Vergleich der österreichischen Rechtslage und des jeweiligen anzuwendenden ausländischen Rechtes, unabhängig von der rechtlichen Beurteilung der Verschuldensfrage, insbesondere betreffend Art und Umfang der jeweils geltend zu machenden Ansprüche teilweise gravierende Unterschiede bestehen. So wird z.B. in den östlichen EU-Ländern Schmerzengeld äußerst restriktiv und nur bei äußerst schweren Verletzungen mit bleibenden Dauer- Spätfolgeschäden zugesprochen. Ein Verkehrsunfall in Ungarn mit lediglich leichten Verletzungen hat sohin zur Folge, dass ein wesentlich geringerer Schmerzengeldbetrag als in Österreich erwirkt werden kann, ungeachtet der Tatsache, dass diese Ansprüche vor österreichischen Gerichten geltend gemacht werden können.
Umgekehrt gibt es Länder wie z.B. Deutschland, in welchen die Schmerzengeldjudikatur großzügiger ist wie jene in Österreich. So wurde in der BRD ein Höchstschmerzengeld in der Höhe von € 500.000,00 ausgemittelt, im Vergleich zur österreichischen Rechtslage besteht zur Zeit ein Höchstschmerzengeld von € 218.000,– Auch bei den materiellen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verunstaltungsentschädigung und der Höhe gibt es massive unterschiedliche Bewertungskriterien, in den östlichen EU-Ländern ist auch diesbezüglich die Judikatur eher restriktiv, im Gegensatz dazu ist die Judikatur in Deutschland wieder großzügiger. Diese Unterschiede bei den Anspruchsvoraussetzungen und bei der geltend zu machenden Höhe sind auch bei Verdienstentgangsansprüchen, vermehrten Aufwendungen für behindertengerechte Wohnungsanschaffung, Autoanschaffung etc. und der unfallskausalen pflegebedingten Mehraufwendungen vorliegend. Auch die unterschiedlichen Sozial- und Krankensysteme der jeweiligen Länder haben Auswirkung auf den Umfang der geltend zu machenden Ansprüche. Aufgrund bestehender Legalzession können in Österreich nur derartige unfallskausale Ansprüche geltend gemacht werden, welche noch nicht durch sozialversicherungsrechtliche Leistungen abgedeckt sind. So ist z.B. bei einem Arbeitsunfall mit einem Kraftfahrzeug eine dem Geschädigten zustehende Versehrtenrente bei seinen Verdienstentgangsansprüchen in Abzug zu bringen und nur mehr der offene Differenzbetrag geltend zu machen. Zur konkreten Geltendmachung der jeweiligen unfallskausalen Ansprüche bei einem Unfall im Ausland sind sohin Kenntnisse über die jeweiligen Sozialversicherungssysteme, Möglichkeit der Legalzessionen, unterschiedliche Verjährungsbestimmungen, unterschiedliche Mindestdeckung der jeweiligen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungen und die jeweiligen materiellen Ansprüche wie Schmerzengeld, Trauerschmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Haushaltshilfe, Pflegekosten etc. unbedingt notwendig, was, wie bereits ausgeführt, durch ständige Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen und Online-Zugängen zur allen relevanten Rechtsdatenbanken gesichert ist.
Bei einem Verkehrsunfall in Österreich besteht aufgrund des EKHG (Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz) die Möglichkeit, sämtliche unfallskausalen Ansprüche verschuldensunabhängig aufgrund dieser Anspruchsgrundlage gegenüber dem Kraftfahrzeughalter und der jeweiligen Haftpflichtversicherung geltend zu machen. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, sämtliche unfallskausalen Ansprüche gegen den gegnerischen Unfallslenker, den Halter des gegnerischen Kraftfahrzeuges und gegen die Haftpflichtversicherung geltend zu machen.
Da es bei komplexen Unfallsgeschehen durchaus möglich ist, dass der Unfallshergang auch durch Beiziehung von Sachverständigen für Unfallsrekonstruktion nicht endgültig geklärt werden kann, kommt es oft zu Gerichtsurteilen, in welchem ausgesprochen wird, dass der Unfallshergang nicht geklärt werden konnte und sohin auch nicht feststellbar war, welche Partei das Verschulden/Mitverschulden am gegenständlichen Unfall trifft. Normalerweise hätte dies den gesetzlichen Beweislastregeln folgend, wonach der Kläger beweispflichtig ist, zur Konsequenz, dass das Klagebegehren abzuweisen wäre. Genau für derartige Sachverhaltskonstellationen kommt unter anderem aber das EKHG zur Anwendung, wonach verschuldensunabhängig die Ansprüche geltend gemacht werden können. Eine Besonderheit besteht für Fußgänger und Radfahrer im Straßenverkehr, aufgrund der bereits angeführten verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach dem EKHG. Lediglich für den Fall, dass der Unfall ein unabwendbares Ereignis darstellt, kommt es auch zu einer Haftungsbefreiung nach dem EKHG, wobei zum Vorliegen einer derartigen Haftungsbefreiung der Halter und die Haftpflichtversicherung beweisen müssen, dass der Unfallslenker jede erdenkliche Sorgfalt im Straßenverkehr aufgewendet hat. Aufgrund dieser erschwerten Voraussetzungen und der Beweispflicht des Halters und der Kfz-Haftpflichtversicherung besteht generell für Fußgänger und Radfahrer im Straßenverkehr aufgrund des EKHG eine gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern bevorzugte und erleichterte Möglichkeit zur Geltendmachung der zustehenden Ansprüche.